TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Sonntag, 10. Oktober 2010

Ausfälle

Vor einem Jahr, als fast die gesamte Kommentatoren-Klasse Deutschlands mit Fehlprognosen über das beherzte Durchregieren der geballten schwarz-gelben Macht in Bund und Ländern loslegte, war man sich auch über das Personal einig.
Jung, Schavan, Brüderle und Niebel wurden allgemein als die Schwachpunkte in Angela Merkels Mannschaft angesehen.
Rösler konnte niemand einschätzen und den Stern Guttenbergs sah man sinken - mit dem Kriegsminister-Job und Afghanistan sei nichts zu gewinnen.
Offensichtlich war das auch die Absicht der eifersüchtigen Großkopferten Seehofer und Merkel. Der demoskopische Höhenflug des Ex-Wirtschaftsministers mußte gestoppt werden.
(Nun ist er beliebter denn je. Und das mit größerem Abstand zu Seehofer und Merkel denn je)

Keinerlei Zweifel gab es darüber, wer die tragenden Säulen im Kabinett sein würden:
Der Steuersenkungsapologet und stärkste FDP-Chef aller Zeiten Guido Westerwelle und die Kompetenz-Eminenz der CDU Wolfgang Schäuble.
Der Vizekanzler und der Inhaber des Schlüsselressorts Finanzen würden die Präsidialkanzlerin zum Jagen tragen.

Selten hat es größere Irrtümer gegeben.
Westerwelle hat auf ganzer Linie abgewirtschaftet.
Durch seine Tollpatschigkeit, Unfähigkeit und Arroganz hat er seine Partei und die ganze Bundesregierung in den Abgrund gezogen. Das Freundlichste, das man über den Außenminister sagen kann, ist daß Außenpolitik unter ihm de facto abgeschafft wurde.
Sie findet nicht mehr statt. Deutschland ist international verstummt und irrelevant geworden.

Mindestens genauso rapide verfiel Schäubles Nimbus als eiserner Sparkommissar.
In den Koalitionsverhandlungen nickte er widerstandslos die albernsten FDP-Forderungen ab und fand nichts dabei der Hotellobby auf Wunsch der Mövenpickpartei ein Milliardengeschenk zu machen.
Seine ureigenen Aufgaben - Steuerreform, Lichten des Finanzdickichts, Kassensturz, etc - ließ er liegen und trat ein halbes Jahr überhaupt nicht in Erscheinung.
Den hervorragenden Ruf, den Finanzminister Steinbrück Deutschland in internationalen Gremien erarbeitet hatte, zerdepperte Schäuble in Rekordzeit.
Deutsches Zaudern und Hadern in der Griechenlandkrise und beim Thema Finanzmarktsteuern hat Berlin inzwischen zum Paria von Brüssel gemacht.

Schäubles Sparpaket kam viel zu spät und dürfte nach dem „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ als zweitgrößte Farce der Regierung Merkel in die Geschichte eingehen.
Man kann es nur erbärmlich nennen, daß sich Schäuble von Ackermann, Großmann und Co wie ein dummer Schuljunge herum schubsen ließ, nachdem er eben noch getönt hatte am Sparpaket werde nicht gerüttelt.
Die Industriebosse nehmen das CDU-Urgestein offensichtlich nicht mehr ernst.
Bankenabgabe und Brennelementesteuer, vom Schnellumkipper Schäuble eben noch als unverhandelbar hingestellt, wurden im Finanzministerium sofort eingedampft, als RWE und Deutsche Bank die Lippen schürzten, um zu pusten.

Symptomatisch für den rasanten Ansehensverfall Schäubles dürfte die Hemmungslosigkeit sein, mit der CSU und FDP auf seinen Dekubitus-bedingten Krankenhausaufenthalt reagieren.
Man fühlt sich an den von Franziska Augstein bei der Trauerfeier ihres Vaters gesprochenen Satz erinnert: „Den toten Löwen zupft selbst der Hase an der Mähne."

Gewiss, Schäuble ist noch sehr lebendig, aber seine Autorität befindet sich so sehr im Siechtum, daß auch kleine Lichter der zweiten und dritten Koalitionsreihe auf den Mann im Krankenhaus eindreschen.

In der Koalition gibt es Unmut über die krankheitsbedingte Abwesenheit von Finanzminister Wolfgang Schäuble. "Schon bei der Euro-Krise im Frühjahr war es nicht glücklich, dass der Finanzminister an einem entscheidenden Punkt gefehlt hat", sagte der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler dem SPIEGEL. "Wenn es jetzt in Irland zu einer Zuspitzung kommt, wäre Deutschland erneut in einer entscheidenden Phase nicht gut aufgestellt."
Auch die Vertretungsregelung in Schäubles Ressort, wonach Jörg Asmussen Schäuble auf internationalen Konferenzen vertritt, stößt den Liberalen auf. Der Staatssekretär ist SPD-Mitglied. Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion Patrick Döring fordert, dass sich Regierungschefin Angela Merkel einschaltet: "Die Bundeskanzlerin sollte persönlich die Vertretung Deutschlands bei internationalen Treffen wahrnehmen. Sie ist von Union und FDP gewählt - anders als Herr Asmussen", sagte Döring.
(Spon 2.10.10)

Mag mag darüber streiten, wie anständig es ist die Fragen nach Schäubles Gesundheitszustand zu stellen.
Tatsache ist aber, daß er als Finanzminister ein extrem schwaches Bild abgibt.

Dringend notwendige Reformen verschiebt der Minister oder sagt sie ganz ab.
Die Berechnung der Mehrwertsteuer, dieser Irrsinn im Quadrat, bleibt bestehen.

Offenbar fürchtet Schäuble, der zurzeit im Krankenhaus liegt, massive Widerstände gegen die Steuerpläne.
Der Regierung liegt ein Gutachten vor, wonach der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent allein für Lebensmittel gerechtfertigt sei. Die Vergünstigung beispielsweise für Schnittblumen, zahntechnische Leistungen oder Zeitungen seien dagegen steuerlich nicht zu begründen. Die Gutachter empfehlen, für diese Güter den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zu berechnen. Der Finanzminister will dieser Empfehlung nicht folgen. In der Koalition wird Schäubles Weigerung mit Verwunderung aufgenommen, da sich der Finanzminister die Gelegenheit entgehen lasse, die Staatskasse zu füllen.
Die Regierung vertagte eine Entscheidung in dieser Frage immer wieder. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass eine Kommission den Katalog der ermäßigten Steuersätze überprüfen soll.
(Stuttgarter Zeitung 05.10.10)

Nun bleibt es bei dem Schilda-artigem Dickicht.
7% für Hotelübernachtungen, Windeln 19%, Rennpferde 7%, Apfelsaft 19 Prozent, aber Äpfel 7%. Aufgebrühter Kaffee 19 Prozent. Auf Kaffeebohnen, Haustauben, Bienen und Chicoree, Speisesalz (aber nicht in wäßriger Lösung!) gibt es 7 %.
Die schwarz-gelbe Steuersenkungskoalition hat in ihrem ersten Gesetz das Chaos noch vergrößert - wider alle Vernunft.
Inzwischen blickt keiner mehr durch und die Merkelregierung mit ihrer dicken Bundestagsmehrheit legt tatenlos die Hände in den Schoß.
Schäuble fällt aus und sagt Vereinfachungen ab.

So bleiben die ermäßigten Mehrwertsteuersätze ein Fall für Comedians.

So ist Esel nicht gleich Esel: Denn nicht nur für Hengste, Wallache, Stuten und Fohlen gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent, sondern auch für Kreuzungen zwischen Eselhengst und Pferdestute (Maultier) sowie Pferdehengst und Eselstute (Maulesel). Der ermäßigte Satz ist auch für reinrassige Esel fällig, aber nur für geschlachtete. Schließlich wird ja auch "Fleisch von Pferden, Eseln, Maultieren oder Mauleseln, frisch, gekühlt oder gefroren" begünstigt. Für lebende "Hausesel und alle anderen Esel" gilt der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Reichlich Stoff für Büttenredner bietet auch diese Klarstellung: Genießbare getrocknete Schweineohren unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent, auch wenn sie als Tierfutter verwendet werden. Getrocknete Schweineohren, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind, werden mit dem vollen Satz belegt. Zum Kuriositäten-Katalog gehört ferner: Ermäßigte Mehrwertsteuer für Hausschweine, normaler Satz für Wildschweine - und Flusspferde; ermäßigter Satz für Kartoffeln aller Art, aber Regelsatz für Süßkartoffeln; ermäßigter Satz für Tomatenmark und Tomatensaft, normaler Satz jedoch für Tomatenketchup und Tomatensoße. Oder: Pilze und Trüffel, ohne Essig haltbar gemacht: ermäßigt; Pilze und Trüffel, mit Essig haltbar gemacht: normaler Steuersatz. Und so weiter.
(Evang. 2.12.09)

Diese Koalition ist ein einziger Witz - ob ein Minister mehr oder weniger arbeitsfähig ist, spielt keine Rolle mehr.

Mit der Ankündigung von Finanzminister Schäuble, die Mehrwertsteuerreform auf Eis zu legen, beweisen Minister und Koalition ihre Reformunfähigkeit und ihr fehlendes Durchsetzungsvermögen gegenüber ihrer Klientel und den Lobbyverbänden. Nach der steuerlichen Forschungsförderung wird ein weiteres zentrales Reformprojekt der Koalition sang- und klanglos beerdigt. Damit kapituliert Schäuble vor der CSU und Teilen der FDP, die unbedingt an der Ermäßigung für Beherbergungsdienstleistungen festhalten wollen. Herr Schäuble und die CDU sind damit bei der Mehrwertsteuerreform gescheitert. Statt eines ordnungspolitisch sauberen Konzepts soll es bei dem undurchschaubaren Sammelsurium an nicht nachvollziehbaren Einzelermäßigungen bleiben.
Richtig wäre es, eine schnelle erste Teilreform der Mehrwertsteuer durchzuführen. Dort könnten viele ungerechte Branchensubventionen wie etwa die Ermäßigung für Übernachtungen, Tierfutter, Schnittblumen oder für Skilifte und Rennpferde sofort abgeschafft werden. Durch Abschaffung dieser ineffektiven Einzelermäßigungen könnten jährlich drei bis vier Milliarden Euro gespart werden. Danach sollten verbleibende Ermäßigungen auf ihre soziale, ökologische und kulturpolitische Wirkung untersucht werden. Nur in diesen drei Bereichen sind für uns Umsatzsteuerermäßigungen gerechtfertigt.
Die Koalition scheitert am eigenen Klientelismus und bringt nicht den Mut auf, eigene Fehler zu korrigieren. So ist der Koalitionsvertrag das Papier nicht wert, auf dem er gedruckt ist. Eine Reform der Mehrwertsteuerermäßigungen nach unseren Vorschlägen wäre ein Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit, weil für die bestehenden Steuerausfälle durch die unsinnigen Ermäßigungen alle Bürgerinnen und Bürger zahlen.
(PM Nr 1170 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. 5. Oktober 2010)

4 Kommentare:

Jakester hat gesagt…

Die Un/Veranwortlichen fuer Schwachsinn wie zB. "Pilze und Trüffel, mit/ohne Essig" sollten (etwa durch einen Fluch) solchen Unsinn nur noch folgendermassen erlauetern koennen: http://www.youtube.com/watch?v=E5agWxzWTsc&feature=player_embedded

Gruss
Jake

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Haha - Jake! Das ist mal ein passendes Video!
Wenn der arme Bundesrat nicht bloß über Bündner Fleisch sondern die gesamte Mehrwertsteuerausnahmeliste Deutschlands hätte reden müssen, wäre er sicherlich inzwischen an Lachkrämpfen eingegangen.

Wohl dem, der über schwarz-gelb in Berlin noch lachen kann.

Wenn man die Gestalten hingegen ernst nimmt, bleibt einem nur noch Suizid oder augenblickliche Einweisung in die Geschlossene.

Man fragt scih doch wirklich, was die Ministerialen im Finanzbunker geraucht haben, als sie diese Listen erstellt haben!

Muß gutes Zeug mit viel halluzinogenen Inhaltsstoffen gewesen sein.
Daß Schäuble nun offiziell erklärt es bestehe kein Änderungsbedraf, beweist nur zu gut, daß er auch entweder auf Droge ist, oder ohnehin niemand mehr in seinem Oberstübchen zuhause ist!

LGT

jakebaby hat gesagt…

Zum Schaueble eine diesbezueglich amerikanische Weisheit: "The Engine 's still running, but there seems to be nobody on the Wheel anymore" (I live in Florida :-))

Deine Anspielung auf 'Rauchen halte ich fuer unpassend diskriminierend, da ich noch auf kein Gras der Welt so beschissen drauf war, wie etwaige Ministeriale.
Falls nicht durch irgend andere Drogen bedingt, liegt deren absurdes Handeln alleinig an ihren schaebig'labilen Charaktern(extremste Zurueckhaltung)

Zum Video, koennte ich immer wieder Traenen lachen, vor allem wenn ich mir diesbezueglich die Deutschen 'Vertreter bei den schwachsinnigen Interpretationen ihres untragbaren Muells vorstelle.
Worueber ich nicht lachen kann, vor allem da in der jetzigen Zeit alles fast unverzueglich entbloesst wird, dass Sie mit ihren Verbrechen weiterhin durchkommen.
Vielleicht wirds ja noch was und man wird diese Kruecken mit ihren verwundert empoerten Gesichtern aus dem Bundestag fuehren.
Tagtraueme.

Gruss
Jake

Tammo Oxhoft hat gesagt…

…ja, Jake, meine Rede!
Es gab ja Zeiten in Deutschland, als es Deutsche tatsächlich schwer hatten sich zu informieren, Zeiten zu denen jeder sagte „das haben wir nicht gewußt!“, obwohl doch eine ganze Menge Leute genau das gewußt haben, was man angeblich gar nicht wissen konnte.
Diese Zeiten sind aber vorbei. Keiner kann eine einleuchtende Ausrede dafür finden, weswegen er nicht wissen sollte, was Merkel, Westerwelle und Co so anrichten.
Zumindest kann man es nicht mehr auf äußere Umstände schieben - wenn man weiterhin die CDU- und FDP-Gomulken in ihre Pöstchen hebt, liegt es nur an einer Sache: An der eigenen Doofheit!

Warum gibt es in Deutschland eigentlich nicht mehr DAVON:

http://www.youtube.com/watch?v=G2rH6OWM1UY

http://www.youtube.com/watch?v=bhyY9_geJ-w

http://www.youtube.com/watch?v=LjMeQoIq36c


????

LGT