TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Sonntag, 29. August 2010

Printpresse 2010.

Das Fachblatt für Seichtes, Sachfremdes und Verblödung, die BUNTE aus dem Hause Burda, ist das erfolgreichste Klatschmagazin Deutschlands.
Mit einer Reichweite von über vier Millionen Lesern kann Chefradakteurin und Markwort-Lebensgefährtin Patrizia Riekel mit ihren oftmals fernab der Wahrheit angesiedelten Berichten durchaus politisch relevant sein.

Nur mit ihrer maßgeblicher Hilfe konnte Lügenbaron von und zu Guttenberg (Kunduz!) zum beliebtesten Politiker Deutschlands aufsteigen.
Die stets perfekt in Szene gesetzten Brüste seiner Ehefrau Stefanie - eine geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen wie BUNTE nie vergisst demütig zu erwähnen - kompensieren die fehlenden politischen Erfolge ihres Mannes.

Eine endlose Folge von Hochglanzphotos des adeligen Promi-Paars dürfte auch den konservativen Verleger und CDU-Bundespräsidentenwahlmann Hubert Burda erfreut haben, der seinen Parteien stets eine große Hilfe ist.

Frau Riekel geht nicht unkreativ vor.
Eine ihrer besten Ideen war das vor einigen Jahren eingeführte „Promi-Register“, das in jeder Ausgabe des Yellowpress-Flaggschiffs alle erwähnten Möchtegern-Wichtigen alphabetisch aufzählt.
So muß ein Pressesüchtiger nicht erst umständlich das ganze Heft durchblättern, sondern kann auf einen Blick erkennen, ob er wieder „drinsteht“!

König dieser Disziplin ist zweifelllos Guido Westerwelle, der seit Jahren in keiner einzigen BUNTE-Ausgabe fehlt.
Mögen seine Kollegen auch noch so viel Akten studiert und Hintergrunddiskussionen geführt haben - Guido raste wie besessen von einem Ball zur nächsten Eröffnung.
Kein Boulevardevent, keine Friseursalon-Einweihung, keine Gala, die ohne den FDP-Chef stattfand.
Erst nachdem er Außenminister wurde, kam es einmal zu einem Register-Novum: unter dem Buchstaben „W“ kein Guido!
Es blieb aber bei einer Ausnahme.
Auch in der aktuellen Ausgabe ist wieder ein Westerwelle-Bild.

Guido wird dennoch unzufrieden sein - prangt doch auf dem Titel das Ehepaar Steinmeier - „Wie groß muß seine Liebe sein!

Diese Ausgabe besitze ich und muß an dieser Stelle zugeben, daß ich der BUNTEN bisher Unrecht getan habe.
Ich dachte immer es handele sich um ein konservatives Verblödungsorgan für alles, das irrelevant und unwichtig ist.

Aber weit gefehlt!
Riekels Jungs und Mädels; in diesem Fall BUNTE-Redakteur Tobias Lobe; haben große satirische Qualitäten.

Dies erfährt man durch eine fünfseitige (!) Hochglanzstory über Rainer Brüderle!

Der Problembär, der bisher wenig geistreich als „Brüderle Leichtfuß“ verspottet wurde, erlebt in der BUNTEn die volle Breitseite aus Ironie und Sarkasmus.

Überschrieben ist das Portrait wie folgt:

„RAINER BRÜDERLE!
Der Wirtschaftsminister ist plötzlich der neue Politstar.
Hier spricht er über die Früchte seines Erfolgs.
Und seine Frau verrät, wofür sie ihren Mann liebt.“


LOL - das könnte auch genauso in der Titanic erscheinen.
Da der Bunte-Leser weniger gerne liest, denn Bildchen anguckt, bekommt man über volle zwei Seiten erst einmal ein besonders subtil inszeniertes Photo präsentiert.

Brüderle, fesch in Bluejeans und aufgekrempeltem Hemd, erklimmt einige Stufen einer an einem Apfelbaum lehnenden Leiter und präsentiert dem Leser grinsend einen gepflückten Apfel.

Für diejenigen, die weniger als drei Hirnzellen haben und immer noch nicht die Absicht verstanden haben, lautet die Bildunterschrift in fetten Lettern:

„Mister Aufschwung fährt die ERNTE ein!“

Bevor sich der Minister, der neben seinem Parteichef maßgeblich dafür verantwortlich ist, daß sich die Bundesregierung in Lyse befindet und die FDP binnen ein paar Monate von 15% auf 4% weggesackt ist, im Interview selber loben darf, erklärt Redakteur Lobe (Nomen est omen!) dem bürgerlich-geneigten Leser erst einmal die Ausgangslage:

Er hat allen Grund, um im Urlaub die Sektkorken knallen zu lassen. Die Wirtschaft brummt wie seit 20 Jahren nicht mehr, immer weniger Arbeitslose, der Export explodiert.
(Bunte 35/2010)

Rainer Brüderle - der menschelnde Pluspunkt der Regierung! Der Fels in der Brandung. Konservative wissen das schon lange.

Die wichtigste Lektion dieser Koalitionsfindungsphase heißt: Man darf Rainer Brüderle nicht unterschätzen. Er mag mit seinem Dialekt daherkommen wie ein Landauer Landei. Keine Weinkönigin in Rheinland-Pfalz lässt er ungeküsst, die „Bunte“ darf ihn im Tai-Chi-Kurs auf Sylt fotografieren, er klopft Sprüche wie „erst grübeln, dann dübeln“.
In der „Bild“-Zeitung erklärt er die Brüderle-Diät (“Mit Wein und Fleisch 20 Kilo abgespeckt!“), und in Talkshows erläutert er, warum ein halber Liter Wein am Tag guttut, Frauen aber weniger vertragen: Schuld sei der „hohe Fettgehalt“ im weiblichen Körper. „Dabei macht der den Reiz der Frau aus!“
(FAZ 29.10.09)

Ordentlich einen zu heben ist in der Tat eine gute Methode für ein Mitglied dieser Bundesregierung.
Die traurige Realität schön saufen kann der Wirtschaftsminister wie kein Zweiter.



Hicks.

Die Füchse von der BUNTEn hatten schon vor der letzten Wahl das Potential des Pfälzischen Weinfreundes entdeckt.
Seine Qualitäten liegen vielleicht nicht in geistiger oder politischer Beweglichkeit - aber immerhin ist er körperlich gelenkig!

Rainer Brüderle, wirtschaftspolitischer Kopf der FDP, verriet BUNTE sein Faible: Asiatische Heilkunst. Bei einem Schnupperkurs in der Kampfkunst des Tai Chi zeigte der Politiker, wie gelenkig er ist.
(Bunte 31.07.2008)

Aber keine BUNTE-Lobpreisung, ohne daß die Politprofiredakteure nicht noch ein paar intime Geheimnisse („10 GANZ PERSÖNLICHE Fragen an den R.B.“) entlocken.

Hier erfahre ich, daß er als sein eigener Dackel Anton wiedergeboren wollen würde, daß er in der BUNTEn zuerst das Inhaltsverzeichnis lese und sogar seinen Lieblingsprominenten gibt der Wunderminister bekannt: Guido Westerwelle!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Brilliant geschriebener Artikel, großes Kompliment!

Aber es ist doch eigentlich immer das Gleiche: Sobald man hinter der journalistischen Schönrederei von Politikern und solchen welche sich gerne als 'Roll Model' (pun intended!) präsentieren - deren wahres Gesicht erkennt, gähnt einem doch die gesteuerte Volksverdummung geradezu entgegen! Das mag ja oft genau die Absicht sein; erstaunlich ist jedoch wie viele jeden Tag/ jede Woche wieder prompt darauf hereinfallen.

Aber wie man sieht, blüht das Geschäft!

Tammo Oxhoft hat gesagt…

Oh, vielen Dank für die Blumen.
Manchmal ist es so absurd, was man über solche Typen wie Brüderle liest, daß man sich nur noch in Sarkasmus und Ironie flüchten kann. Das kann doch echt nicht wahr sein.
Dennoch warte ich instinktiv immer darauf, daß ich aufwache und der beruhigende Gedanke „das habe ich alles nur geträumt“ ins Gehirn schießt.

Guido Westerwelle ist Vizekanzler? Das MUSS ein Traum sein, ein Albtraum. Das kann ja wohl nicht in echt passiert sein.

LGT